Dr. Hans Mathias Kepplinger
Professor für Empirische Kommunikationsforschung
am Institut für Publizistik der Universität Mainz

Der Einfluss der Medien auf Richter und Staatsanwälte

Die Ziele von Strafprozessen bestehen in der Feststellung der Tatsachen und ihrer Beurteilung anhand des geltenden Rechts. Untersucht wird, wie Medienberichte den Ablauf und das Ergebnis von Strafprozessen beeinflussen. Grundlage ist eine Online-Befragung von 447 Richtern und 271 Staatsanwälten. Ermittelt wurden die Nutzung der Berichte über eigene Verfahren; die wahrgenommenen Fehler der Berichterstattung; die Intensität der erlebten medialen Kritik; die emotionalen Reaktionen auf mediale Kritik; der wahrgenommene Einfluss der Berichte auf Laien und Experten im Gerichtssaal; die Orientierung des eigenen Verhaltens an der Öffentlichkeit sowie der wahrgenommene Einfluss der Berichte auf das Strafmaß. Das darauf beruhende Strukturgleichungsmodell weist einen signifikanten Einfluss der Nutzung von Medienberichten auf das Strafmaß aus. Ein schwächerer Pfad verläuft direkt von der Nutzung zum Strafmaß, ein stärkerer Pfad vermittelt über Emotionen, die die Berichterstattung hervorgerufen hat. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der Theorien der Generalprävention und der ihnen zugrunde liegenden Annahmen über die Bedeutung der Öffentlichkeit für Strafprozesse diskutiert.

Zusätzlich zu den Richtern und Staatsanwälten wurden 50 Journalisten (Gerichtsberichterstatter) und 35 Strafverteidiger befragt. Die beiden Gruppen wurden nicht in die statistischen Analysen einbezogen, weil die Stichproben nicht vergleichbar angelegt waren und die Zahl der vorliegenden Antworten zu klein ist. In der Grundauswertung werden ihre Antworten dokumentiert. Sie enthält zudem eine Reihe von Fragen, die aus theoretischen Gründen nicht in die statistischen Analysen eingingen.

Elektronische Veröffentlichung der Studie als Zeitschriftenbeitrag
http://www.springerlink.com/openurl.asp?genre=article&id=doi:10.1007/s11616-009-0036-y