Dr. Hans Mathias Kepplinger
Professor für Empirische Kommunikationsforschung
am Institut für Publizistik der Universität Mainz

Rationalität von Politik und Medien

Medieneinfluss auf Strafverfahren

Welchen Einfluss besitzen die Medien auf Strafprozesse? Hat ihr Einfluss in den vergangenen zehn Jahren zugenommen, und verhalten sich die Juristen heute anders? Bei welchen Straftaten muss man am ehesten mit Medieneffekten rechnen? Um welche Medien handelt es sich – Boulevardzeitungen, Fernsehen, Regionalpresse, überregionale Blätter? Wann nehmen die Medien Einfluss auf Strafprozesse – erst während des Hauptverfahrens oder bereits im Ermittlungsverfahren? Diese und zahlreiche andere Fragen beantwortet eine Wiederholung unser Befragung von Richtern und Staatsanwälten vor zehn Jahren im Winter 2017/18.

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Rationalität von Politik und Medien

In jedem Beruf gibt es eigene Kriterien dafür, welche Handlungen zielführend und zulässig sind. Sie vergrößern die Effektivität des Handelns im eigenen Beruf, erschweren aber das Verständnis über seine Grenzen hinaus. Zudem führen sie bei Angehörigen verschiedener Berufe, die auf Kooperation miteinander angewiesen sind, zu Spannungen. Hierbei besteht ein zusätzliches Problem: Die jeweiligen Akteure haben nicht nur eine Vorstellung davon, wie sie selbst richtig handeln. Sie haben auch Meinungen darüber, wie ihre Gegenüber handeln sollten. Zur Selbstwahrnehmung kommt folglich die Fremdwahrnehmung der Akteure beider Seiten.

Theoretisch gilt das alles auch für die Politik und den Journalismus. Praktisch ist über die spezifischen Handlungskriterien von Politikern und Journalisten wenig bekannt.

Deshalb wurden 2008 für die hier angezeigte Untersuchung Bundestagsabgeordnete zu den Kriterien ihres eigenen Handelns sowie über die entsprechenden Kriterien vor Journalisten befragt. Gleichzeitig wurden Hauptstadtjournalisten zu den Kriterien ihres eigenen Handelns und des Handelns von Politikern befragt. Die Antworten der Befragten zeigen erhebliche Divergenzen im Verständnis der eigenen Aufgaben sowie der Aufgaben der Angehörigen des jeweils anderen Tätigkeitsbereichs.